Veranstaltung: | BDKJ-Hauptversammlung 2022 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | HV |
Beschlossen am: | 06.05.2022 |
Basierend auf: | 6.3: Grundsatzprogramm |
Grundsatzprogramm
Beschlusstext
Die BDKJ-Hauptversammlung möge beschließen:
- Wir beschließen das Grundsatzprogramm in der vorliegenden Fassung (s.u.).
- Wir ermächtigen den Bundesvorstand, den Text nach Beschluss auf
grammatikalische und orthografische Richtigkeit sowie auf
geschlechtergerechte Sprache zu prüfen und eine Schlussredaktion
vorzunehmen, die das Grundsatzprogramm von Inhalt und Aussagen her
unberührt lässt.
- Der Bundesvorstand wird beauftragt eine Fassung in leichter Sprache
bereitzustellen.
4.Wir beauftragen den Hauptausschuss, geeignete Maßnahmen zur innerverbandlichen
Implementierung und außerverbandlichen Kommunikation festzulegen. . Der
Hauptversammlung 2023 soll darüber berichtet werden.
Grundsatzprogramm
Das Grundsatzprogramm steht in Bezug zur Bundesordnung als Text, der auf
grundsätzlicher Ebene Selbstverständnis und Zielsetzung des BDKJ verdeutlicht.
Der Nachfolgende Text zeigt, warum der BDKJ sich als katholischer Dachverband
versteht, sich politisch in Kirche und Statt einbringt und aktiv die
Gesellschaft mitgestaltet.
Wir sind katholisch. politisch. aktiv.
Grundlegende Prinzipien der Zusammenarbeit von katholischen Jugendverbänden im
Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sind christlicher Glaube,
Lebensweltbezug, Partizipation, Selbstorganisation, Demokratie, Freiwilligkeit
und Ehrenamtlichkeit. Wir nehmen die Zeichen der Zeit wahr und stellen uns mutig
den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und deren Auswirkungen auf
die Lebenswelten junger Menschen. Als katholische Jugendverbände suchen wir nach
guten Antworten auf diese Themen und bringen sie in gesellschaftliche,
politische und kirchliche Debatten ein. Die hier beschriebenen langfristigen
Grundsätze, Werte und Ziele konkretisieren wir in Strategien und Beschlüssen.
Wir haben eine Geschichte, die uns für die
Zukunft verpflichtet
Wir schöpfen Kraft aus einer starken und vielfältigen Tradition. Seit der
Gründung des BDKJ im Jahr 1947 prägt uns eine freiheitliche und demoktratische
Kultur, die wir in den Verbänden leben und für die wir uns in Gesellschaft und
Kirche einsetzen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Nationalsozialismus
und der Weltkriege war es ein entscheidendes Gründungsmotiv der Jugendverbände,
sich gemeinsam in einem Dachverband zu organisieren und einen Beitrag zu einer
menschenwürdigen Gesellschaft zu leisten. Sie einte ihr Gründungsvers "Es lebe
Christus in deutscher Jugend", der auch heute noch lebendig ist. Die mutigen
Zeugnisse junger Menschen, auch vieler Christ*innen, während des
Nationalsozialismus sind uns ein bleibendes Vorbild, dass wir uns für
Zivilcourage, Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen und sie niemals
als selbstverständlich hinzunehmen, sondern uns fortwährend pädagogisch und
politisch dafür einzusetzen. Auch die Erfahrungen junger Menschen während der
Teilung Deutschlands und der anschließenden Wiedervereinigung haben uns geprägt.
Heute fühlen wir uns nicht mehr nur als Bürger*innen eines wiedervereinigten
Deutschlands, sondern auch als Europäer*innen und Weltbürger*innen. Wir sind
bereit, die damit einhergehende Verantwortung und Solidarität aufbauend auf
einer antifaschistischen Grundhaltung, auch über die Grenzen hinweg, zu
übernehmen. Im Bewusstsein unserer langen und vielfältigen Geschichte setzen wir
uns zukunftsgerichtet in christlichem Geist für eine gerechte, nachhaltige und
soziale Menschheitsfamilie in der Weltgesellschaft ein.
Wir leben christlichen Glauben und vielfältige
Spiritualitäten
In einer Gesellschaft mit vielfältigen Weltanschauungen leben wir den
christlichen Glauben zeitgemäß und dem Leben dienend. Er ist für uns eine
Ressource, die unser Leben prägt und deutet und nur in Freiheit gewählt werden
kann. Wir gestalten unser Verbandsleben aus dem Leben und der Botschaft Jesu
heraus und unterstützen junge Menschen bei der Entwicklung ihrer individuellen
Spiritualität. Dazu bieten wir unterschiedliche Räume für individuelle Zugänge
zum Glauben sowie Interpretationen von Glaubenserfahrungen. Wir geben dem
Glauben junger Menschen ein Zuhause und helfen, Sinn, Ziele, Werte und Normen
für das Leben zu entdecken.
Bei uns wird Nächstenliebe konkret verwirklicht, weil uns das mit Jesus von
Nazareth verbindet, der das Reich Gottes verkündet und erlebbar gemacht hat. Wir
leben den Glauben im Handeln sowohl im Austausch und in der Gemeinschaft als
auch in Stille, Reflexion und Gebet. Wir praktizieren eine christliche
Spiritualität der Menschenrechte, da jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und
wir für die Freiheit und Würde jedes Menschen eintreten. Bei uns darf jede
Person so sein, wie sie ist.
Wir verpflichten uns auf die Kinder- und
Menschenrechte
Wir setzen uns ein für die Achtung und Verwirklichung der universellen
Menschenrechte und der UN-Kinderrechtskonvention. Dazu gehört insbesondere die
unantastbare Würde jedes Menschen, die sich in Gleichberechtigung aller
Geschlechtsidentitäten, Anerkennung der Glaubens- und Gewissensfreiheit , Schutz
vor jeglicher Gewalt und dem Recht auf sexuelle und geschlechtliche
Selbstbestimmung unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Behinderung, Alter oder
sozialem Status zeigt. Wir setzen uns ein für Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung
der Schöpfung und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Wir setzen uns ein für
Kindeswohl, für freie Entwicklung sowie für Mitbestimmung von Kindern und
Jugendlichen. Wir setzen uns dafür ein, dass in Kirche, Staat und Gesellschaft
die Kinder- und Menschenrechte gelten und rechtlich verbindlich eingehalten
werden.
Wir sind berufen als selbstbewusster Teil des
Volkes Gottes
Wir sind Teil der römisch-katholischen Kirche und haben Teil an ihrer Sendung.
Als Jugendverbände erleben wir eine starke Spannung zwischen kirchlichen
Erfahrungen und den Lebenswelten junger Menschen. Deshalb setzen wir uns mit der
prophetischen Kraft der Jugend für menschenfreundliche, nachhaltige und
verbindliche Reformen in der römisch-katholischen Kirche ein.Wir hinterfragen
das Handeln und die Themen aller Glieder dieser Kirche – auch uns selbst –
kritisch, um der Botschaft des Evangeliums heute und in Zukunft gerecht zu
werden. Als demokratisch strukturierte Jugendverbände leben wir eine
partizipative und dialogische Kirche, in der Getaufte, Gefirmte und alle
Menschen guten Willens Entscheidungen nicht nur vorbereiten, sondern sie auch
treffen und dafür Verantwortung übernehmen. Möglichkeiten der Beteiligung und
Machtkontrolle sind bei uns transparent geregelt und wir verstehen Macht- und
Herrschaftskritik als Teil unseres Gottesglaubens. Schließlich ist der Einsatz
für das Reich Gottes weitreichender als der Einsatz für die Kirche als
Institution. Denn das Volk Gottes ist mehr als die konkrete römisch-katholische
Kirche. Ökumene und Interreligiosität sind uns wichtige Anliegen. Dies zeigt
sich sowohl in unserer innerverbandlichen Offenheit für alle Menschen, die
unsere Werte teilen sowie unseren aktiven Kontakten zu Verbänden mit anderen
Konfessionen und Religionen.
Wir sind Lernorte gelebter Demokratie
In den katholischen Jugendverbänden wird Beteiligung junger Menschen täglich
gelebt. Bei uns können sich junge Menschen auf allen Ebenen selbstbestimmt und
selbstverwaltet organisieren. Wir wählen unsere Verbandsleitungen und fassen
Beschlüsse. Diese Erfahrungen stärken unsere demokratische Gesellschaft: Wir
verstehen Jugendverbandsarbeit als Werkstatt der Demokratie. Demokratie zu
lernen heißt Demokratie zu leben. Wir verstehen Jugendverbandsarbeit als
zentrales, wertebasiertes Bildungsangebot für junge Menschen. Politische Bildung
ist für uns ein zentraler Bestandteil einer funktionierenden Demokratie.
Wir vertreten die Interessen von jungen Menschen
Junge Menschen, sind Expert*innen für ihre Lebenswelten. Diese finden sich in
unseren Verbänden wieder und bilden die Basis unseres politischen Handelns. In
den katholischen Jugendverbänden empowern sich junge Menschen selbst und bilden
sich ihre eigene Meinung. Sie entdecken und vertreten ihre Interessen
selbstständig. Wir setzen uns auf politischer Ebene für die Interessen und
Bedürfnisse junger Menschen ein und verschaffen ihnen Gehör. Wir sorgen dafür,
dass nicht nur über junge Menschen, sondern mit ihnen gesprochen wird und setzen
uns dafür ein, dass sie als gleichberechtigter Teil der Gesellschaft in allen
politischen Fragestellungen mitbestimmen dürfen. Wir verstehen uns als
Brückenbauer*innen zwischen Lebenswelten junger Menschen und Politik,
Gesellschaft und Kirche. Insofern vertreten wir zunächst die Interessen
derjenigen, die sich in den Jugendverbänden organisieren. Wir fordern zudem
immer wieder ein, dass bei allen politischen Entscheidungen die Interessen
junger Menschen, insbesondere die der jeweils Benachtiligten, mitberücksichtigt
werden und Teilhabe selbstverständlich ist. Dabei streben wir Kooperationen und
Zusammenarbeit mit anderen Bündnispartner*innen, Verbänden und Organisationen
an.
Wir sind Orte der ganzheitlichen
Persönlichkeitsbildung
Die Lebenswelten junger Menschen und ihr Lebensglück sind der Kern unseres
jugendverbandlichen Engagements. Wir bieten jungen Menschen den Rahmen ihre
individuelle Persönlichkeit zu entfalten und ihre Talente und Potenziale zu
entdecken. Wir fördern junge Menschen in ihrer personalen, sozialen, emotionalen
und körperlichen Entwicklung. Dies geschieht im Spannungsfeld von Bindung und
Autonomie, Stabilität und Mobilität, Verbindlichkeit und Freiheit, Individuum
und Gruppe. Bei uns erleben junge Menschen Selbstwirksamkeit,
Verantwortungsübernahme und Solidarität. Sie lernen gesellschaftliche und
kirchliche Normen zu hinterfragen, selbstständig zu denken und werden
gestaltender, mündiger Teil einer demokratischen Gesellschaft. Für uns stehen
die einzelnen Menschen – vor allen Themen und Strukturen – an erster Stelle. Wir
achten aufeinander, pflegen einen achtsamen Umgang und eine Kultur der
Wertschätzung. Wir zeigen, dass gleichberechtigtes Zusammenarbeiten möglich ist.
Kommunikation, Prozesstransparenz, fairer Diskurs, Vertrauen, Freimut,
Feedbackkultur, Subsidiarität, Selbstkritik und Solidarität prägen die Kultur
unserer Zusammenarbeit. Diese Kultur ist kein Selbstzweck, sondern entspricht
unserem kirchlichen und gesellschaftlichen Dienst und Auftrag.
Wir leben Einheit in Vielfalt
Die eigenständigen Jugendverbände sind die tragenden Säulen des BDKJ, sie
gestalten den BDKJ und prägen seine inhaltlichen Schwerpunkte und Aktionen. Als
selbstständige, katholische Träger verbandlicher Kinder- und Jugendarbeit
bestimmen Jugendverbände ihre Ziele, Schwerpunkte, Aufgaben und Methoden
selbst. Alle Jugendverbände haben ein spezifisches Profil und eine besondere
Kultur, die wir in ihrer Verschiedenheit achten und wertschätzen. Dabei
behalten wir die Milieuverengung, die es in kirchlichen Strukturen gibt,
selbstkritisch im Blick und möchten ein Ort für alle jungen Menschen sein. Der
BDKJ als Dachverband lebt von dieser Pluralität und dem Reichtum der
katholischen Jugendverbände und ihrer regionalen Zusammenschlüsse. Er lebt in
der dauernden Spannung von Einheit und Vielfalt und ist ein Lernort für
Toleranz und für den Umgang mit Pluralität.
Wir sind subsidiäre, lernende Organisationen
Der BDKJ als Dachverband bündelt die Themen und stellt Angebote zum Austausch
und Vernetzung zur Verfügung. Er koordiniert und organisiert Aktivitäten,
entwickelt politische Positionierungen, konzipiert Bildungskonzepte und
reflektiert theologische Entwicklungen. Es gehört zu unserem Selbstverständnis,
dass wir das Dachverbandsprinzip immer wieder kritisch hinterfragen und neu
ausgestalten. Die Mandatsträger*innen treten gegenüber kirchlichen und
staatlichen Stellen für die Jugendverbände und deren ideelle und finanzielle
Absicherung ein und vertreten die Positionen und Themen der Jugendverbände. Dies
geschieht auf den jeweiligen Ebenen in den Strukturen der politischen
Mitbestimmung sowie durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen.
Als Orte außerschulischer Bildung stehen wir für Professionalität, die je nach
Funktionsebene spezifisch beschrieben wird. Die Jugendverbände im BDKJ
verantworten ihre pädagogische Arbeit selbst und führen die Aus- und Fortbildung
ihrer ehrenamtlichen und hauptamtlichen Leitungskräfte und Mitarbeiter*innen
durch. Für diese gibt es verbindliche und hoch qualifizierte Standards,
insbesondere auch im Bereich von Prävention sexualisierter Gewalt. Alle
Akteur*innen stellen sich dem Anspruch von lebenslangem Lernen und bilden sich
dauerhaft weiter. Hauptberufliche Mitarbeiter*innen begleiten und unterstützen
junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsbildung sowie der Wahrnehmung ihrer
ehrenamtlichen Leitungstätigkeiten.
Unsere Geschichte seit 1947 verpflichtet den BDKJ auch zukünftig katholisch,
politisch, aktiv zu handeln und damit unsere Berufung als Zusammenschluss
katholischer Jugendverbände zu erfüllen. Es lebe Christus in der Jugend.
Begründung
Im Juli 2019 fasste die Hauptversammlung den Beschluss „1.90 Strukturen und Schwerpunkte im BDKJ-Bundesverband“. Ein Arbeitsauftrag an den Hauptausschuss lautete das Grundsatzprogramm des BDKJ einer Revision zu unterziehen und darauf hinzuarbeiten, dass zur Hauptversammlung 2022 ein aktualisierter Text zur Beschlussfassung vorgelegt wird.
Eine Arbeitsgruppe des Hauptausschusses beschäftigte sich mit dem Grundsatzprogramm und erarbeitete diesen Entwurf. Sie stützte sich dabei auf drei Hearings, eine Umfrage, die Grundsatzprogramme der Jugendverbände und die erneute Auswertung von bereits vorliegenden Telefoninterviews.