Veranstaltung: | BDKJ-Hauptversammlung 2024 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | hv |
Beschlossen am: | 03.05.2024 |
Basierend auf: | A7NEU: Für eine gerechtere Welt – wie Sternsingen und Jugendverbände Großes bewegen |
Für eine gerechtere Welt – wie Sternsingen und Jugendverbände Großes bewegen
Beschlusstext
Die Hauptversammlung möge beschließen:
Jedes Jahr engagieren sich junge Menschen in ihrer Freizeit bei der Aktion
Dreikönigssingen, bringen als Sternsinger*innen den Segen zu den Menschen und
schaffen gleichzeitig Bewusstsein für die vielfältigen Lebensrealitäten von
Kindern und Jugendlichen weltweit. Sie tragen gemeinschaftlich Verantwortung und
setzen sich solidarisch für eine gerechtere Welt ein.
Das Sternsingen hat in den Jugendverbänden eine lange Tradition. Schon bevor der
BDKJ-Bundesverband 1961 neben dem Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘
bundesweiter Träger der Aktion Dreikönigssingen wurde, beteiligten sich viele
junge Menschen an der Aktion, um sich für Andere einzusetzen. Seither bringt
sich der BDKJ mit seinen Stärken und vielseitigen Erfahrungen der katholischen
Jugendverbandsarbeit aktiv in die inhaltliche und organisatorische Durchführung
und Weiterentwicklung der Aktion ein. Wir schließen heute an unseren
Grundlagenbeschluss „Katholisch, politisch, aktiv: Die Aktion Dreikönigssingen
aus verbandlicher Perspektive“ aus dem Jahr 2013 an und bestärken unsere
Bereitschaft, die Aktion unter anderem durch Bildungsarbeit, Vernetzung und
Gemeinschaftsbildung lebendig mitzugestalten. Dazu stehen wir für unsere
Positionen in der Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, dem
Kindermissionswerk, ein. In unseren Jugend- und Diözesanverbänden setzen wir
diese um und vertreten sie auch im Gespräch mit den Vertreter*innen der Bistümer
und den Bistumsleitungen, insbesondere mit Blick auf die Jahreskonferenz der
Aktion Dreikönigssingen.
katholisch. politisch. aktiv: Sternsingen ist
jugendverbandliches Engagement
Im Jugendverband gestalten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gemeinsam
ihre Freizeit, beschäftigen sich mit Themen, die ihnen wichtig sind, leben ihren
Glauben und setzen sich für Kinder- und Menschenrechte, Frieden und
Gerechtigkeit weltweit ein. Genau das wird beim Sternsingen greifbar.
Sternsingen ist in diesem Sinne auch jugendverbandliches Engagement.
Jugendverbandsarbeit wie auch die Aktion Dreikönigssingen stehen im Wandel der
Zeit. Im Kontext dieser sich ändernden Bedingungen bieten sich Jugendverbände,
Sternsingen*innen-Aktion und Kirche wechselseitige Chancen.
Wir beobachten, dass sich gesamtgesellschaftlich immer mehr (junge) Menschen
ehrenamtlich engagieren. Gleichzeitig übernehmen vermehrt Ehrenamtliche Aufgaben
beim Sternsingen, die früher bei Hauptamtlichen/Hauptberuflichen lagen. Der
Projektcharakter der Aktion macht ein anlassbezogenes ehrenamtliches Engagement
für junge Menschen leicht möglich, wodurch die Aktion ein zukunftsfähiges
pastorales Projekt wird. Auf verschiedenen Ebenen ist bei der Planung und
Durchführung der Aktion vor Ort oder überregionale
Sternsinger*innenveranstaltungen die Beteiligung und Expertise junger Menschen
gefragt. Verantwortungsübernahme und Solidarität aufbauend auf einer
antifaschistischen Grundhaltung sind Säulen, die das Engagement von Kindern,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowohl beim Sternsingen als auch im
Jugendverband prägen.
So können sich Jugendverbandsgruppen vor Ort mit ihrem vielfältigen Wissen und
Erfahrungen beim Sternsingen tatkräftig einbringen und als katholische,
politische und aktive Gruppe sichtbar und erlebbar werden. Die Aktion wird zum
Sozialraum für Partizipation der Beteiligten und eröffnet Freiräume für ihr
Engagement und ihre Spiritualität. Genau diese motivieren junge Menschen, sich
bei der Aktion und im Jugendverband zu engagieren und zu spüren, dass ihr
Einsatz einen Unterschied macht. Jede einzelne Begegnung an einer Haustür bringt
den Segen.
Sternsingen als Chance, den eigenen Platz in der
Welt zu reflektieren – entwicklungspolitische
Bildungsarbeit
Neben der gelebten Solidarität spielt der Bildungsaspekt der Aktion eine
bedeutsame Rolle für das Engagement beim Sternsingen. Die Beschäftigung mit
Lebensrealitäten von Kindern weltweit führt dazu, sich auch mit dem eigenen
Platz in der Welt auseinanderzusetzten. Dies bietet die Chance, sich der
Privilegien bewusst zu werden, die wir hier in Deutschland genießen und unserer
Verstrickungen in koloniale Zusammenhänge bewusst zu werden. Dabei verlieren wir
nicht aus dem Blick, dass auch Sternsinger*innen selbst unterschiedlich
sozialisiert sind.
Wir und alle Beteiligten bei der Aktion sind gefordert, nach dieser
Auseinandersetzung und der Bewusstseinsschaffung den nächsten Schritt zu gehen.
Wir setzen uns dafür ein, dass koloniales Geschehen benannt, Wissen darüber
geteilt und fortbestehende Machtstrukturen aufgedeckt und abgebaut werden. Die
Verantwortung dafür darf aber nicht an die Beteiligten der
Sternsinger*innenaktion vor Ort weggeschoben werden. In der Pflicht stehen in
erster Linie Verantwortungsträger*innen von Staat, Gesellschaft und Kirche.
Gleichwohl tragen wir dafür Sorge, über das Thema Postkolonialismus in den
Bildungsmaterialien zur Aktion Dreikönigssingen zu informieren und uns
öffentlich im Rahmen der Aktion dazu zu äußern. Unser Anspruch ist neben der
Sensibilisierung darüber auch, Beteiligte beim Sternsingen vor Ort sprachfähig
zu machen.
Intersektionale Perspektive aufs Sternsingen
oder: leuchtet der Stern für alle gleich hell?
Sternsingen ist Teil von Gesellschaft und Kirche und wirkt politisch. Deshalb
ist es wichtig, die Strukturen und Rahmenbedingungen vom Sternsingen immer
wieder (selbst-)kritisch zu hinterfragen und für möglichst viele Menschen
Zugänge zur Aktion zu schaffen. Bei der Aktion sind im Sinne der UN-
Kinderrechtskonvention und der Leitlinien zur Jugendpastoral alle jungen
Menschen willkommen - unabhängig von Geschlecht, Sprache, Religion, nationaler,
ethnischer oder sozialer Herkunft, des Vermögens oder einer Behinderung. Unser
gelebter Glaube beim Sternsingen verbindet uns und schließt Angehörige anderer
Konfessionen, Anders- oder Nichtglaubende nicht aus. Vielmehr bietet das
Sternsingen die Chance, Vielfalt in diversen Gruppen zu erleben. Das leben wir
im Miteinander und bringen es auch in unserer Kommunikation und in gemeinsamen
Publikationen durch geschlechtergerechte und antidiskriminierende Sprache zum
Ausdruck. In diesem Kontext setzen wir uns auch entschieden gegen das
Blackfacing beim Sternsingen ein und unterstreichen die Relevanz der Bildungs-
und Kommunikationsarbeit mit dem Ziel, dass zukünftig durch
Sensibilisierungsarbeit alle Sternsinger*innen-Gruppen das schwarze Schminken
beim Sternsingen unterlassen. Alle Gruppen sollen mit Informationsmaterial
ausgestattet werden, das die Kinder und Jugendlichen den Menschen an der Haustür
überreichen können, um zu erklären, warum das Schminken keinen Teil der Aktion
Dreikönigssingen mehr darstellt.
Dass Sternsingen für gelebte Vielfalt steht, heißt auch, dass rassistische,
misogyne, ableistische [Erklärung in der Fußnote], menschenverachtende,
hassschürende und rechtsextreme Äußerungen und Handlungen in der Aktion keinen
Platz haben. Wir positionieren uns deutlich gegen die Instrumentalisierung des
Sternsingens von rechtsextremen und -populistischen Akteur*innen und nehmen
unsere Verantwortung wahr, Akteur*innen beim Sternsingen im Umgang mit diesen
bedarfsgerecht zu unterstützen. Daher sprechen wir uns klar dagegen aus,
Einladungen zu Empfängen von rechtsextremen oder -populistischen Parteien
anzunehmen und empfehlen, auch Amtsträger*innen, die Mitglieder solcher Parteien
sind, nicht zu besuchen.
Kinder schützen, Kinder stärken – dauerhaft beim
Sternsingen und weltweit!
Wir setzen uns entschieden für die Einhaltung aller Maßnahmen zur Prävention
sexualisierter Gewalt sowie die Wahrung der Kinderrechte bei der Umsetzung der
Sternsinger*innen-Aktion ein. Um die Verantwortlichen für die Durchführung der
Aktion vor Ort dabei zu unterstützen, die jeweils geltenden Präventionsordnungen
ihrer Bistümer umzusetzen, loten wir Angebote aus. Wir sensibilisieren
Akteur*innen der Aktion für das Thema über unsere Kommunikationskanäle und
setzen uns für die Bewusstseinsschaffung über die vorhandenen
Bildungsmaterialien zur Aktion im Rahmen der Kooperation ein.
Gemeinsam geht’s!
Vernetzt mit allen Akteur*innen der Aktion Dreikönigssingen setzen wir uns
gemeinsam mit den Sternsinger*innen bei der Aktion mit ihrem lebendigen,
kraftvollen und jugendverbandlichen Einsatz für eine gerechtere Welt ein.
Sternsingen und Jugendverband verbindet Vieles. Daher ist es für uns
selbstverständlich, dass wir die Aktion Dreikönigssingen weiter mittragen und
aktiv mitgestalten.
[Fußnote: Diskriminierung wegen einer körperlichen oder psychischen Behinderung
oder wegen einer Lernschwierigkeit.]
Begründung
Der BDKJ-Bundesverband ist seit 1961 Mitträger der Aktion Dreikönigssingen. Der letzte Beschluss stammt aus dem Jahr 2013. Seitdem hat sich die Weltlage geändert. Insbesondere die Themen Postkolonialität, Kinderschutz und der Umgang mit rechtsextremen Akteur*innen waren bisher nicht im Blick. Die Aktion Dreikönigssingen wurde im Rahmen der Bundeskonferenz der Jugendverbände und der Bundeskonferenz der Diözesanverbände 2023 intensiv beraten. Am Ende stand die Empfehlung, im Rahmen der Hauptversammlung einen ergänzenden Beschluss zur Aktion zu fassen.