Veranstaltung: | Rechenschaftsbericht des BDKJ-Bundesvorstands 2022 |
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Berichterstatter*in: | BDKJ-Bundesvorstand |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.04.2022, 01:05 |
B II.9: Jugendsozialarbeit
Text
Die Arbeit im Referat Jugendsozialarbeit war weiterhin durch die Corona-Pandemie
geprägt. Die Einrichtungen erlebten je nach Bundesland eine wechselnde Situation
mit Schließungen, Teilschließungen, Hygiene- und Abstandsregeln und die
Problematik um die Impfungen der Jugendlichen. Die bewährten, alternativen
Leistungserbringungsformen der Maßnahmen, konnten eingesetzt werden. Die
Jugendlichen mussten weiterhin intensiv betreut werden. Eine besondere
Problematik war das Fehlen der Öffnung der Jobcenter und Arbeitsagenturen.
Angebote der Berufsorientierung und Berufsberatung konnten somit weder in der
Schule noch in der Bundesagentur für Arbeit stattfinden. Hierdurch ergab sich
eine Unkenntnis der Jobcenter und Arbeitsagenturen zur Situation der
Jugendlichen. Es gab Probleme mit einer sachgerechten und gezielten Zuweisung zu
Maßnahmen. Die mangelnde digitale Ausstattung der bildungsfernen Jugendlichen
stellt weiterhin ein Problem dar. Hier müssen Lösungen entwickelt werden. Die
Träger der Maßnahmen sind zunehmend auch mit der Akquise von Jugendlichen
beschäftigt, ohne hierfür angemessen entlohnt zu werden.
Der Bundesvorstand bewertet die Bemühungen der Träger in den wechselnden
Vorgaben durch die pandemische Situation als in der Regel positiv und gelungen.
Es gelang mit hohem Aufwand, die Jugendlichen angesichts der Lage noch
angemessen zu betreuen. Allerdings fehlte es an angemessenen Lösungen bezüglich
der Öffnung der Jobcenter und Arbeitsagenturen. Die Frage der mangelnden
digitalen Ausstattung der Jugendlichen in den Einrichtungen, ist deutlich
thematisiert und bedarf einer Antwort.
Der Bundesvorstand wird die Einrichtungen weiter darin unterstützen angemessene
Lösungen für die Jugendlichen in den verschiedenen Situationen in der Pandemie
zu finden. Der Ausweg aus der Pandemie muss so gestaltet werden, dass die
Förderung der Jugendlichen zielgenau und präzise stattfindet. Der Bundesvorstand
unterstützt die Forderung nach einer weitgehenden Öffnung der Jobcenter und
Arbeitsagenturen. Er wird sich weiter für eine Teilhabe der Jugendsozialarbeit
an einem Digitalpakt einsetzen.
Die Situation am Ausbildungsmarkt hat sich auch 2021 verschärft. Zwar konnte der
Rückgang der betrieblichen Ausbildungsplätze gebremst werden, aber gleichzeitig
ist eine Situation entstanden, in der die Zahl der unversorgten Bewerber*innen
zugenommen hat. Gleichzeitig hat aber auch die Zahl der unbesetzten
Ausbildungsplätze zugenommen. Es zeigt sich eine starke, regionale und sektorale
Disparität in der Situation. Die Konzentration der Politik und der Allianz für
Ausbildung auf die Unterstützung betrieblicher Ausbildung allein, hat nicht den
gewünschten Erfolg gebracht. Im Rahmen einer Debatte im Deutschen Bundestag hat
Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) eine Ausbildungsgarantie angekündigt. Diese
hat Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden. Es müssen aber nun Instrumente
entwickelt werden, die eine Ausbildungsgarantie wirksam werden lassen und sie
verbindlich einlösen. Zur Ausbildungsgarantie hat der Bundesvorstand in
Kooperation mit IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit
Deutschland ein Fachgespräch mit den Sozialpartnern der Wissenschaft, Stiftungen
und Fachleuten aus der Jugendsozialarbeit gestaltet. Dieses Fachgespräch hat
unterschiedliche Positionen zu einer Ausbildungsgarantie deutlich gemacht.
Deutlich wurde aber auch die gemeinsame Zielsetzung, möglichst viele Jugendliche
in Zukunft in Ausbildung zu integrieren und Wege in die Ausbildung für die
Jugendlichen zu öffnen. Insbesondere die Frage nach der Ergänzung der
betrieblichen Ausbildung durch eine außerbetriebliche Ausbildung, ähnlich wie es
in Österreich passiert, war umstritten. Es wurde miteinander vereinbart den
Dialog fortzusetzen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Der Bundesvorstand bewertet die Situation am Ausbildungsmarkt negativ. Es ist
nicht gelungen einen Schritt aus der Krise zu machen und den Ausbildungsmarkt zu
verbessern. Aus Sicht des Bundesvorstandes muss eine Ausbildungsgarantie so
ausgestaltet sein, dass sie ein verlässliches Angebot für alle Jugendlichen
schafft. Dies ist aus Sicht des Bundesvorstandes bisher nicht gelungen.
Der Bundesvorstand wird den Dialog zur Ausbildungsgarantie weiterführen.
Außerdem soll politisch agiert werden, um die Ausgestaltung einer
Ausbildungsgarantie, wie sie im Koalitionsvertrag steht, so zu beeinflussen,
dass Schritte in die richtige Richtung gegangen werden. Dies würde bedeuten,
dass verbindliche Zusagen an alle Jugendlichen gemacht werden, die in Ausbildung
wollen.
Jugendliche und junge Erwachsene sind die Altersgruppe mit der höchsten
Armutsrisikoquote. Sie sind mit circa 25 Prozent von Armut betroffen. Der
Bundesvorstand hat dieses Thema in vielfältiger Weise aufgegriffen. Auf Basis
des Jugendarmutsmonitors der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische
Jugendsozialarbeit (BAG KJS) wurde das Thema durch ein Referat im Hauptausschuss
platziert. Der Hauptausschuss hat den arbeit für alle e.V. (afa) aufgefordert,
mit Kooperationspartner*innen das Thema aufzugreifen und einen Fachtag hierzu zu
gestalten. Für die Gestaltung des Fachtages wurde eine Kooperation des afa, des
BDKJ-Diözesanverbandes Essen und der Jugendkirche Gleis X in Gelsenkirchen
vereinbart. Der Fachtag soll am 19. März 2022 in Gelsenkirchen stattfinden.
Außerdem wurde das Fachreferat Jugendsozialarbeit zu Veranstaltungen eingeladen,
um das Thema Jugendarmut zu präsentieren. Der Bundesvorstand hat eine Ausgabe
des BDKJ.konkret zum Thema „Chancen für alle- Warum wir Jugendarmut bekämpfen
müssen“ gestaltet. Hier werden Anregungen des Jugendarmutsmonitors der BAG KJS
aufgegriffen und auf Basis der Beschlusslagen des BDKJ vertieft. Die Thematik
wird aus Sicht der Jugendlichen und jungen Erwachsenen beleuchtet. Der BDKJ
bringt das Grundeinkommen als Lösungsansatz zur Sprache. Ein Gespräch mit Prof.
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin sowie Prof.
Wolfgang Schröer, Universität Hildesheim, Vorsitzender des
Bundesjugendkuratoriums, zu Problemen mit der Chancengerechtigkeit ist ein
Herzstück des Themenheftes. Abgerundet wird die Ausgabe mit einem Statement von
Lisi Maier (ehemalige Bundesvorsitzende) zur Wahrnehmung aller Jugendlichen in
der Corona-Pandemie.
Yu Niedermayer (KjG):
Ist eine Neuansetzung für den Fachtag angedacht?
Andreas Rubel:
Der Bundesvorstand bewertet die Beschäftigung mit dem Thema Jugendarmut als sehr
wichtig. Aus Sicht des Bundesvorstandes ist es nicht hinnehmbar, dass neben den
Kindern vor allen Dingen Jugendliche und junge Erwachsene in der Bundesrepublik
Deutschland ein dermaßen hohes Armutsrisiko tragen. Für diese Kinder,
Jugendliche und junge Erwachsene bedeutet dies häufig auch ein Aufwachsen mit
weniger Chancen und den Verlust der Perspektive auf Integration in Gesellschaft
und Arbeitsmarkt. Der Bundesvorstand begrüßt, dass der afa mit dem
Diözesanverband Essen einen Fachtag hierzu gestalten wird.
Das Thema Kinder- und Jugendarmut muss weiter im BDKJ präsent sein. Der
Bundesvorstand wird dieses Thema insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung der
Kinder- und Jugendgrundsicherung im Blick behalten. Diese Chance auf einen
Schritt in die richtige Richtung muss aus Sicht des Bundesvorstandes genutzt
werden, um einen nachhaltigen Beitrag zur Überwindung der Kinder- und
Jugendarmut zu leisten.
Der BDKJ gestaltet als Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholischer
Jugendsozialarbeit (BAG KJS) diese aktiv mit. Auf Lisi Maier (ehemalige
Bundesvorsitzende) als Vorsitzende der BAG KJS, folgte im November 2021 Stefan
Ottersbach (Bundespräses), der zum Vorsitzenden der BAG KJS gewählt wurde. Es
ergibt sich so eine Kontinuität, dass der Vorsitz der Bundesarbeitsgemeinschaft
vom BDKJ-Bundesvorstand wahrgenommen wird. Die BAG KJS hat im Rahmen des
Wahlkampfes Lobbyaktivitäten gestaltet, die von der BDKJ-Bundesstelle und ihrem
Fachreferat unterstützt wurden. Der BDKJ hat sich zu Themen der Kinder- und
Jugendarmut, der Ausbildungsgarantie und der Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik
eingebracht. Aus diesen Positionen heraus wurde auch der Koalitionsvertrag in
der BAG KJS intensiv kommentiert und behandelt. Die Lobbyarbeit zur Umsetzung
dieses Koalitionsvertrages und der formulierten Ziele, wird von der BAG KJS mit
Unterstützung der Fachreferate bei den themenfeldverantwortlichen
Mitgliedsorganisationen, zu denen auch der BDKJ gehört, umgesetzt.
Die Kontinuität in der Zusammenarbeit mit der BAG KJS hat sich aus Sicht des
Bundesvorstandes ausgezahlt. Es konnten gezielt Themen in den BDKJ implantiert
werden. Genau so konnten Themen und Lösungsvorschläge des BDKJ in der BAG KJS
die Positionen mit beeinflussen. Das Referat Jugendsozialarbeit ist in eine sehr
gute Zusammenarbeitsstruktur in der BAG KJS eingebunden.
Der Bundesvorstand wird die Zusammenarbeit mit der BAG KJS weiter intensiv
nutzen, um die Integration von Jugendlichen mit schlechteren Startchancen zu
fördern.
Die Träger des Josefstages hatten sich für 2021 entschieden, wegen der Pandemie
die Veranstaltung in den Einrichtungen um den 19. März 2021 herum ausfallen zu
lassen. Unter dem Motto „Do it yourself- Zukunft…unsere Meinung zählt!“ wurden
die Einrichtungen und Verbandsgruppen angeregt, aus Anlass des Josefstages im
ganzen Jahr 2021 Videos mit Jugendlichen zu drehen. Dieser Ansatz hat schlecht
gegriffen. Die Resonanz, wie auf der Homepage des Josefstages abzulesen, war
gering. Nur drei Videos von Jugendlichen, die ihre politischen Meinungen und
Forderungen zum Ausdruck bringen, konnten dort gezeigt werden. Der Josefstag
2022 soll ein Lebenszeichen der Jugendlichen aus der Pandemie senden unter dem
Motto: „Lebenszeichen- Jugend hat Perspektive“. Geplant ist, die Einrichtungen
und Jugendverbandsgruppen noch einmal anzuregen wieder dezentrale Aktionen in
den Einrichtungen zum Josefstag zu gestalten. Eine bundeszentrale
Auftaktveranstaltung ist im Förderband Siegen-Wittgenstein in Kooperation mit
dem BDKJ-Diözesanverband Paderborn geplant. Inwieweit dies in der pandemischen
Lage umsetzbar sein wird, ist erst kurz vor der Veranstaltung absehbar.
Den Josefstag 2021 mit Videos der politischen Meinungen und Forderungen junger
Menschen zu gestalten, ist nicht gelungen. Es steht zu hoffen, dass die
pandemische Lage es zulässt, dass der Josefstag 2022 wieder in bewährter Form
viele dezentrale Veranstaltungen generiert, die die Plattform nutzen, um die
Situation der Jugendlichen mit Kirche und Politik ins Gespräch zu bringen.
Der Bundesvorstand wird mit seinem Referat Jugendsozialarbeit die Träger des
Josefstages weiterhin unterstützen und den Josefstag 2022 sowie den Josefstag
2023 so ausgestalten helfen, dass er als Gelegenheit genutzt wird, die Arbeit
der Einrichtungen der Jugendsozialarbeit und der Gruppen in der
Jugendverbandsarbeit dazustellen und mit der Politik und der Kirche ins Gespräch
zu kommen.
Der afa-Kooperationskreis wurde weiterhin genutzt, um die Zusammenarbeit der
Einrichtungen der Jugendberufshilfe zu gestalten. Neben BDKJ-nahen Einrichtungen
gehören auch Einrichtungen und Multiplikator*innen anderer
Mitgliedsorganisationen der BAG KJS dem afa-Kooperationskreis an. Der erste afa-
Kooperationskreis gestaltete Gespräche mit den Fraktionen des Deutschen
Bundestages. Er fand als digitale Veranstaltung statt. Hier standen
Politiker*innen aus den Fraktionen des Deutschen Bundestages als
Gesprächspartner*innen zur Verfügung. Es ging um die Auswirkungen der Corona-
Pandemie, um die Ausgestaltung einer Ausbildungsgarantie, um das neue Instrument
AsA-Flex sowie die Veränderungen bei den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen.
Der zweite afa-Kooperationskreis konnte in Präsenz in Nürnberg gestaltet werden.
Er konnte genutzt werden für Gespräche mit der Zentrale der Bundesagentur für
Arbeit, diese waren aber leider nur in hybrider-Form möglich. Die
Präsenzveranstaltung bot endlich wieder die Gelegenheit miteinander in einen
Erfahrungsaustausch zu treten und Neuigkeiten von der Arbeit vor Ort
auszutauschen und miteinander die Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit
vorzubereiten. Dies wurde von den Teilnehmer*innen äußerst positiv bewertet. Die
Gespräche mit der Bundesagentur behandelten die Corona-Pandemie und die fehlende
Öffnung der Jobcenter und Arbeitsagenturen. Außerdem wurden das Trägermanagement
und die chaotische Ausschreibung des neuen Instrumentes AsA-Flex und erste
Erfahrungen in der Ausgestaltung dieses Instrumentes ausgetauscht.
Der afa-Kooperationskreis hat weiterhin eine gute Möglichkeit dargestellt, die
Träger der Jugendberufshilfe in einen direkten Austausch von Praxis, Politik und
Administration zu bringen. Es hat sich gezeigt, dass der Austausch miteinander
in einer Präsenzveranstaltung wieder gestaltet werden kann und einen hohen Wert
für die Teilnehmenden darstellt.
Im Jahr 2022 soll versucht werden, den afa-Kooperationskreis jeweils in
Präsenzform durchzuführen. Neben dem fachpolitischen Austausch und dem
fachlichen Austausch mit der Bundesagentur für Arbeit, kann so auch der wichtige
Erfahrungsaustausch zwischen den Kolleg*innen aus den Einrichtungen in den
Mittelpunkt gesetzt werden.