Veranstaltung: | Grundsatzprogramm BDKJ |
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Antragsteller*in: | Projektgruppe 2 Grundsatzprogramm |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.12.2021, 11:43 |
6.1: Entwurf Grundsatzprogramm
Antragstext
Katholische Jugendverbände im BDKJ stehen gleichzeitig für Beständigkeit und
Wandel. Wir verändern uns stetig und orientieren uns dabei an den Bedürfnissen
und den Lebenswelten junger Menschen. Jugendliche Lebenswelten und die Zukunft
der Jugend werden durch viele Herausforderungen geprägt. Wir nehmen die Zeichen
der Zeit ohne Angst wahr und stellen uns den aktuellen gesellschaftlichen
Herausforderungen. Als katholische Jugendverbände suchen wir nach guten
Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen und bringen diese in
gesellschaftliche und kirchliche Debatten ein.
Wir schöpfen Kraft aus einer starken und vielfältigen Tradition, die unser
Handeln bis heute prägt. Seit 1947 schließen sich Katholische Jugendverbände im
Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) als Dachverband zusammen. Dabei
leben wir bis heute aus den Erfahrungen der Jugendbewegung und sind tief von
einer freiheitlichen und demokratischen Kultur geprägt, die bei unserer Gründung
als Gegenentwurf zur nationalsozialistischen Gesellschaft grundgelegt wurde. Die
mutigen Zeugnisse vieler junger Katholik*innen gegen das Nazi-Regime sind uns
ein bleibendes Vorbild der Zivilcourage. Auch die Erfahrungen junger Menschen
während der Teilung Deutschlands mit der anschließenden Wiedervereinigung prägen
unsere Verbandskultur. Dabei fühlen wir uns heute nicht mehr nur als
Bürger*innen eines wiedervereinigten Deutschlands, sondern auch als
Europäer*innen, die sich der europäischen Solidargemeinschaft verbunden sehen.
Im Bewusstsein dieser langen und vielfältigen Geschichte bündeln junge Menschen
in katholischen Jugendverbänden und im BDKJ ihr Lebenswissen, ihre Interessen
und Fähigkeiten, um sich zukunftsgerichtet in christlichem Geist für eine
gerechte, nachhaltige und soziale Menschheitsfamilie in der Einen Welt
einzusetzen.
Wir gestalten unser verbandliches Leben also aus dem Leben Jesu heraus und
unterstützen junge Menschen bei der Entwicklung ihrer individuellen
Spiritualität. Dazu bieten die katholischen Jugendverbände unterschiedliche
Stile und Wege an. Wir geben dem Glauben junger Menschen ein Zuhause und helfen,
dass sie Sinn, Ziele, Werte und Normen für ihr Leben entdecken können.
In einer weltanschaulich vielfältigen Gesellschaft leben wir eine christliche
Spiritualität, die den Zeichen der Zeit gemäß und dem Leben dienlich ist. Dabei
ist der christliche Glaube für uns eine wichtige Ressource zur Lebensprägung und
- deutung, die nur in Freiheit gewählt werden kann. In den katholischen
Jugendverbänden wird Nächstenliebe konkret praktiziert. Christ*in sein bedeutet
für uns, politisch aktiv zu sein. Das verbindet uns mit Jesus von Nazareth, der
das Reich Gottes konkret gelebt hat. Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes.
Deswegen darf jede Person in den Jugendverbänden so sein, wie sie ist. So leben
wir eine Spiritualität der Menschenrechte.
Wir setzen uns ein für die Achtung und Verwirklichung der unveräußerlichen,
bürgerlichen, politischen und sozialen Menschenrechte, formuliert in der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen und im
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören insbesondere die
unantastbare Würde jedes Menschen, die sich auch in Gleichberechtigung von
Mädchen und Jungen, Frauen und Männern und diverser Geschlechtsidentitäten,
Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Anerkennung der Glaubens- und
Gewissensfreiheit und dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zeigt.Wir setzen
uns ein für Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und das
Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Trotz aller Widersprüche und Krisenerfahrungen in der Kirche verbindet uns die
Überzeugung, dass der christliche Glaube kirchlich gelebt wird. Insofern sind
wir ein Teil der römisch-katholischen Kirche. Als Jugendverbände erleben wir
eine enorme Spannung zwischen unseren kirchlichen Erfahrungen und unseren
jugendlichen Lebenswelten, die uns oft fast zerreißt und an unsere Grenzen
bringt. Aufgrund dieser Spannung setzen wir uns für Reformen in der römisch-
katholischen Kirche ein und hinterfragen Handeln und Themen aller Glieder dieser
Kirche – auch uns selbst - kritisch, um der Botschaft des Evangeliums in
Gegenwart und Zukunft gerecht zu werden.
Als demokratisch strukturierte Jugendverbände leben wir eine partizipative und
dialogische Kirche, in der Getaufte und Gefirmte sowie alle Menschen guten
Willens nicht nur an der Vorbereitung von Entscheidungen mitwirken, sondern sie
auch treffen. Beteiligungs- und Machtkontrolle werden bei uns transparent
geregelt, Ämter werden demokratisch gewählt und unsere Mandatsträger*innen sind
rechenschaftspflichtig. Für eine solche Kultur setzen wir uns auch in anderen
Bereichen der römisch-katholischen Kirche ein und helfen hier gerne mit unserer
Expertise weiter. Macht- und Herrschaftskritik ist in prophetischer Tradition
aus unserer Sicht nicht jenseits, sondern als Teil unseres Gottesglaubens zu
verstehen.
In den Strukturen des BDKJ zeigt sich Selbstverwaltung und Selbstbestimmung auf
allen Ebenen. Junge Menschen können bei uns ihre Leitungen selbst wählen,
Beschlüsse fassen oder auf weitere Arten über ihren Ort - den Jugendverband -
selbst bestimmen. Dadurch wird Demokratie für junge Menschen unmittelbar
erlebbar. Demokratie zu lernen heißt Demokratie leben. Somit sind die
katholische Jugendverbände Werkstätten der Demokratie.
Diese gelebte und gelernte Demokratie in den Verbänden ist ein zentrales
Bildungsangebot für junge Menschen. Genauso gibt es zahlreiche weitere
Bildungsangebote und projektorientiertes Arbeiten, die über die verbandlichen
Struktur hinausgehen. Politische Bildung ist für den BDKJ ein zentraler
Bestandteil einer funktionierenden Demokratie.
Junge Menschen, die sich in Jugendverbänden organisieren, sind Expert*innen für
ihre Lebenswelt. In den katholischen Jugendverbänden empowern sich junge
Menschen selbst und entdecken und vertreten ihre Interessen. Wir Jugendverbände
setzen uns auf politischer Ebene für die Interessen und Bedürfnisse junger
Menschen ein und verschaffen ihnen als Sprachrohr Gehör. Der BDKJ ist also als
Teil von Zivilgesellschaft ein Brückenbauer zwischen jugendlichen Lebenswelten
und verfasster Kirche, Staat und Gesellschaft.
Insofern vertreten wir zunächst die Interessen derjenigen, die sich in den
Jugendverbänden organisieren. Darüber hinaus übernehmen wir Anwaltschaft für
diejenigen Kinder und Jugendlichen, die ansonsten keine Lobby haben. Dabei
streben wir Kooperation und Zusammenarbeit mit anderen Bündnispartner*innen,
Verbänden und Organisationen an.
Katholische Jugendverbände bieten jungen Menschen den Rahmen ihre individuelle
Persönlichkeit zuentfalten, ihre Talente und Potentiale zuentdecken, Neues zu
lernen und sich und ihr Handeln zureflektieren. Wir fördern junge Menschen in
ihrer personalen, sozialen, emotionalen und körperlichen Entwicklung. Dies
geschieht im Spannungsfeld von Bindung und Autonomie, Stabilität und Mobilität,
Verbindlichkeit und Freiheit, Individuum und Gruppe. Dazu gehört auch, durch
Awareness einen möglichst hohen Standart an Sicherheit zu bieten.
Die eigenständigen Jugendverbände sind die tragenden Säulen des BDKJ, sie
gestalten den BDKJ und prägen seine inhaltlichen Schwerpunkte und Aktionen. Als
selbständige, katholische Träger verbandlicher Kinder- und Jugendarbeit
bestimmen Jugendverbände ihre Ziele, Schwerpunkte, Aufgaben und Methoden selbst.
Alle Jugendverbände haben ein spezifisches Profil und eine besondere Kultur, die
wir in ihrer Verschiedenheit achten und wertschätzen. Dabei behalten wir die
Milieuverengung, die es im kirchlichen Strukturen gibt, selbstkritisch im Blick
und stellen sicher, dass unsere Verbände Orte für alle jungen Menschen bleiben.
Der Dachverband BDKJ lebt von dieser Pluralität und dem Reichtum der
katholischen Jugendverbände und ihrer regionalen Zusammenschlüsse. Er lebt in
der dauernden Spannung von Einheit und Vielfalt und ist ein Lernort für Toleranz
und für den Umgang mit Pluralität. Unser Selbstverständnis fassen wir in den
Bildern vom Haus oder vom Netzwerk, das Verbindung schafft und in Verbindung
bleibt, zusammen.
Vor allen Themen und Strukturen, die den BDKJ prägen, stehen bei uns die
einzelnen Menschen an erster Stelle. Das heißt, wir achten aufeinander, pflegen
einen achtsamen Umgang und eine Kultur der Wertschätzung. Wir zeigen, dass
gleichberechtigtes Zusammenarbeiten geht. Kommunikation, Prozesstransparenz,
fairer Diskurs, Vertrauen, Freimut, Feedbackkultur, Subsidiarität, Selbstkritik
und Solidarität prägen die Kultur unserer Zusammenarbeit Diese Kultur ist kein
Selbstzweck. sondern entspricht unserem kirchlichen und gesellschaftlichen
Dienst und Auftrag. Es gehört zu unserem Selbstverständnis, dass wir das
Dachverbandsprinzip immer wieder kritisch hinterfragen und neu ausgestalten.
Die Mandatsträger*innen des BDKJ verpflichten sich auf die Themen der
Jugendverbände. Themen werden gebündelt, dadurch unterstützen sich die Verbände
wechselseitig. Dem Dachverband kommt intern die Aufgabe des Wissensmanagements
(Informationsaustausch und Vernetzung) und der Dienstleistung für die
Jugendverbände zu, soweit es seine Ressourcen zulassen, insbesondere über
Aktivitäten, politische Positionierungen, pädagogische Modelle, Bildungskonzepte
und pastoraltheologische Entwicklungen. Sie treten gegenüber kirchlichen und
staatlichen Stellen für die Jugendverbände und deren ideelle und finanzielle
Absicherung ein. Dies geschieht auf den jeweiligen Ebenen in den Strukturen der
politischen Mitbestimmung sowie durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit in enger
Abstimmung mit den Jugendverbänden und geeignete Aktionen. Die Wahrnehmung von
Vertretungsaufgaben ist an eine Wahl oder Beauftragung durch die dafür
zuständigen Gremien gebunden.
Als Orte außerschulischer Bildung stehen wir für Professionalität, die je nach
Funktionsebene spezifisch beschrieben wird. Für Leiter*innen haben wir
verbindliche und gute Ausbildungsstandards. Hauptberufliche Mitarbeiter*innen
sind ein personelles Angebot und unterstützten Kinder und Jugendliche. Alle
Akteur*innen stellen sie sich dem Anspruch von lebenslangem Lernen und bilden
sich dauerhaft weiter.
Begründung
Zum besseren Verständnis vor der Lektüre
Entstehung:
Die BDKJ Hauptversammlung 2020 hat ein neues Grundsatzprogramm beim Hauptausschuss in Auftrag gegeben. Die zuständige Projektgruppe hat drei verbandsöffentliche Hearings, eine Inhaltsanalyse von Telefoninterviews der Jugend- und Diözesanvorstände, eine Analyse des Grundsatzprogramms 1998 und der Programme der Jugend- und Diözesanverbände durchgeführt. Auf der Basis dieser Analyse hat die Projektgruppe diesen Textentwurf erarbeitet.
Sinn und Zweck:
Das Grundsatzprogramm bestimmt das Verhältnis des BDKJ zu den Jugendverbänden bzw. der Jugendverbände untereinander. Es dient also der Vergewisserung über das Selbstverständnis. Außerdem wird das Verhältnis nach außen erkennbar. Es drückt die spezifische Kompetenz des BDKJ aus. Es bietet Aussagen über grundlegende Werte und Ziele.
Adressat*innenkreis:
Mandatsträger*innen, ehrenamtliche und hauptberufliche Mitarbeiter*innen auf allen verbandlichen Ebenen. Kooperationspartner*innen in Gesellschaft, Staat und Kirche. Weitere Interessierte (z.B. Wissenschaftler*innen).
Formale Gestaltung:
Das Grundsatzprogramm geht der Bundesordnung voraus. Es ist in Leitsätze gegliedert, die knappe, klare Aussagen zu bestimmten Themen bieten. Die Leitsätze werden jeweils durch einen kurzen Text erläutert.
Zeitliche Perspektive:
Das Grundsatzprogramm soll nach ca. 9 Jahren (im Jahr 2031) überprüft werden.
Du solltest dich bei der Lektüre fragen:
· Sind die Leitsätze für den BDKJ wesentlich?
· Haben die Aussagen eine langfristige Perspektive?
· Sind die Aussagen allgemein genug gehalten? Können sich alle Verbände darin wiederfinden?
· Bilden die Aussagen den BDKJ vollständig ab? (Erkennbarkeit nach außen)
· Sind die Leitsätze motivierend und zukunftsweisend?
· Ist die Sprache klar und verständlich (aussagekräftige Formulierungen; kurze und einfache Sätze; ehrliche, sachliche und treffende Angaben; direkte Ansprache; einheitlicher Stil)?
· Gibt es einen „blinden Fleck“? Fehlt ein grundsätzlicher Aspekt?