Veranstaltung: | Rechenschaftsbericht des BDKJ-Bundesvorstands 2024 |
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Berichterstatter*in: | BDKJ-Bundesvorstand |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.04.2024, 18:41 |
B II.4: Freiwilligendienste
Text
Das Referat Freiwilligendienste wurde bis September 2023 von Franziska von
Deimling als Elternzeitvertretung für Jule Fennel mit einem Stellenumfang von
100 Prozent besetzt. Seit Oktober 2023 bekleidet Raphael Marquart das Referat in
Elternzeitvertretung für Jule mit einem Stellenumfang von 75% bis September
2024. Ab April 2024 wird Jule in Teilzeit zurückkehren. Das Referat wird durch
das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
refinanziert. Shirley Korfmacher arbeitet im Sekretariat mit dem Referat
zusammen.
Das Referat berät den Bundesvorstand im Bereich der Freiwilligendienste mit
Blick auf die Förderung, die Konzept- und Qualitätsentwicklung innerhalb der
katholischen Trägerlandschaft, Kooperationspartner*innen sowie die
Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Bundeseinrichtungen. Gemeinsam mit dem
Deutschen Caritasverband (DCV) bildet das Referat das Bundestutoriat der
katholischen Freiwilligendienste.
Im abgeschlossenen Freiwilligenzyklus 2022/2023 sind die Freiwilligenzahlen im
Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und im Bundesfreiwilligendienst (BFD) im
Vergleich zum Vorjahr erneut gesunken. Circa 12.000 Freiwillige haben einen
Freiwilligendienst in katholischer Trägerschaft absolviert. Die Entwicklungen
variieren von Region zu Region und sind daher schwer zu deuten. Es lässt sich
jedoch weiterhin beobachten, dass Interessent*innen deutlich kurzfristiger in
das Bewerbungsverfahren einsteigen und sich die Zielgruppe im Hinblick auf die
individuelle gesellschaftliche Position der Bewerber*innen in stetigem Wandel
befindet.
Die sinkenden Zahlen bereiten uns Sorgen, sind aber u.a. auch auf steigende
Kosten und damit verbundene fehlende politische Rahmenbedingungen
zurückzuführen.
Es gilt die Freiwilligenzahlen stabil zu halten und zugleich auf die veränderten
finanziellen Rahmenbedingungen zu reagieren. Weiterhin lobbyieren wir für eine
Erstattungsfähigkeit von Werbung für den Freiwilligendienst sowie einen
Rechtsanspruch.
Für den Jahrgang 2024/2025 war im Haushaltsentwurf des BMFSFJ eine Kürzung der
Fördermittel der Freiwilligendienste im Einzelplan 17 unter der Haushaltstiteln
Jugendfreiwilligendienste (1703-684 11) und Bundesfreiwilligendienst (1703-684
14) um
ca. 35 Prozent bzw. 25 Prozent vorgesehen. In der Bereinigungssitzung des
Haushaltsausschusses des Bundestages am 16. November 2023 wurden diese Kürzungen
für das Haushaltsjahr 2024 vollständig zurückgenommen. Durch die vorläufige
Haushaltsführung des Bundes für das Jahr 2024 sowie die fehlenden
Verpflichtungsermächtigungen für das Haushaltsjahr 2025 gibt es aber weiterhin
keine Finanzierungssicherung für den Freiwilligendienstjahrgang 2024/2025.
Wir begrüßen die Entscheidung des Haushaltsausschusses und die Rücknahme der
Kürzungen im November 2023. Die gemeinsame Lobbyarbeit war sehr erfolgreich und
zeigte ihre Wirksamkeit. Wir danken insbesondere unseren diözesanen und
überregionalen Trägern im Freiwilligendienst sowie aktiven und ehemaligen
Teilnehmer*innen der Freiwilligendienste für das Engagement gegen die Kürzungen.
Gleichzeitig betrachten wir mit größter Sorge, dass die Finanzierung des
Jahrgangs 2024/2025 aufgrund der politischen Gesamtlage und der fehlenden
Finanzierungszusagen für das Haushaltsjahr 2025 weiterhin nicht gesichert ist.
Für einen nachfragegerechten Ausbau muss das aktuelle Budget für die folgenden
Haushaltsjahre verstetigt und ausgebaut werden, um die Freiwilligendienstplätze
nachhaltig zu sichern und auszubauen. Aufgrund der Jahrgangslogik ist die
notwendige Planungssicherheit für Freiwilligenplätze ab Sommer 2024 derzeit
weiterhin nicht gegeben. Für den Freiwilligendienstjahrgang 2025/2026 ist die
Situation derzeit völlig unklar.
Unter anderem Rahmen der politischen Diskussion um die Kürzung der Fördermittel
für die Freiwilligendienste war die katholische Trägergruppe lokal wie
bundesweit zur Verhinderung der Kürzungen aktiv. Am 20. September 2023
veröffentlichten wir hierzu eine Pressemitteilung gegen die Kürzungen in den
„Werkstätten der Demokratie“. Darüber hinaus zählte die Mitzeichnung und
Verbreitung der Petition „Freiwilligendienst stärken“, die am 15. November 2023
das höchste Votum des Petitionsausschusses des Bundestages erhielt, dazu. Die
Petentin Marie Beimen, FSJ-Teilnehmerin beim IN VIA Diözesanverband Paderborn,
fordert dort, dass Bund und Länder ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung
stellen, um die Freiwilligendienste im In- und Ausland attraktiver zu machen.
Am 02. November 2023 hat das Bundeskabinett den Entwurf des Gesetzes zur
Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im
Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und
zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) beschlossen.
Durch die Novellierung wird es Menschen ermöglicht einen Freiwilligendienst in
Teilzeit zu absolvieren, ohne ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen zu müssen.
Bei der Anzahl der Seminartage soll nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitdienst
unterschieden werden. Ebenfalls sieht das Gesetz eine Erhöhung der
Taschengeldobergrenze von 438 Euro monatlich auf 584 Euro monatlich vor.
Zusätzlich sollen Einsatzstellen Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Bereits am
01. Oktober 2023 haben wir unsere Stellungnahme zum Gesetzesentwurf beim BMFSFJ
eingereicht.
Wir setzen uns ein für den besseren Ausbau der Freiwilligendienste ein, die die
Freiwilligendienste zugänglich machen und explizit die Freiwilligkeit
beibehalten. Junge Menschen müssen selbst in der Lage sein, über ihre Zukunft zu
entscheiden. Weder unterfinanzierte Freiwilligendienste noch ein Pflichtdienst
sind der richtige Weg, um gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und junge
Menschen zu fördern. Unser Ziel ist insofern der individuelle Rechtsanspruch auf
Förderung eines Freiwilligendienstes.
Wir begrüßen die Novellierung des Freiwilligen-Teilzeitgesetzes mit Nachdruck,
da der Freiwilligendienst damit attraktiver für unterschiedliche Personengruppen
und Lebensentwürfe wird, insbesondere für Personen aus finanzschwachen
Haushalten. Eine hohe Qualität in der pädagogischen Begleitung ist in einem
Teilzeitdienst ebenso wichtig wie in einem Vollzeitdienst. Wir unterstützen
daher die Regelung, dass bei der Anzahl der Seminartage nicht nach Voll- und
Teilzeitdienst unterschieden wird. Wir kritisieren, dass das nach wie vor
geringe Taschengeld und die damit verbundene Abhängigkeit vom eigenen
ökonomischen Status, verhindert, dass sich junge Menschen für einen
Freiwilligendienst entscheiden. Eine Anhebung der Obergrenze des Taschengeldes
begrüßen wir, sie muss allerdings mit einer höheren Förderung und Refinanzierung
einhergehen, um die neuen Obergrenzen auch nutzen zu können. Aufgrund der
derzeitigen Rahmenbedingungen wird daher eine tatsächliche Erhöhung des
Taschengelds der Freiwilligen in den meisten Fällen nicht eintreten. Wir
erwarten von der Bundesregierung, die staatliche Förderung entsprechend zu
erhöhen, um die Möglichkeiten, die die Novellierung schafft, auch in der
Umsetzung der Freiwilligendienste zu garantieren.
Um Freiwilligendienste allen zu ermöglichen und so den gesellschaftlichen
Zusammenhalt und das Engagement zu fördern, bedarf es einer entsprechenden
finanziellen Ausstattung sowie der gesamtgesellschaftlichen Anerkennung des
Engagements der Freiwilligendienstleistenden. In der politischen Lobbyarbeit
werden wir dies weiterhin vertreten und strategisch platzieren.
Im Berichtszeitraum fanden zwei reguläre Trägerkonferenzen statt. Das
bestimmende Thema war auch hier der Umgang mit dem Haushaltsentwurf des Bundes
und den bevorstehenden Fördermittelkürzungen in den Freiwilligendiensten.
Im Jahrgang 2022/2023 wurden die Qualitätsprüfungen durch die Prüftandems des
Qualitätsausschusses bei den Trägern wieder aufgenommen. Auf der Trägerkonferenz
im Mai 2023 wurde dieser Ausschuss neu gewählt. Auf der Trägerkonferenz im
November 2023 wurden die Prüfzertifikate an sechs im Berichtszeitraum
erfolgreich geprüfte Träger verliehen sowie der Auftrag und das Selbstbild des
Ausschusses evaluiert und geschärft.
Die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Frage der
kirchenpolitischen Krise mit Blick auf die Mitarbeiter*innen als katholischer
Träger in den Freiwilligendiensten befasste, wurden auf den beiden
Trägerkonferenzen präsentiert, diskutiert und kritisch gewürdigt. Eine Sammlung
von Good-Practice-Beispielen aus den Dimensionen Trägerperspektive,
Mitarbeiter*innengewinnung und Mitarbeiter*innenbefähigung unterstützt fortan
die Träger. Die Arbeitsgruppe beendete damit auf der Trägerkonferenz im November
2023 ihre Arbeit.
Auf Initiative der Trägergruppe wurde auf der Trägerkonferenz im November 2023
eine Arbeitsgruppe auf den Weg gebracht, die sich mit der Begleitung
Internationaler Freiwilliger innerhalb der katholischen Trägergruppe befasst.
Sie nimmt bis Mai 2024 ihre Arbeit auf.
Die Zusammenarbeit in der Trägergruppe erleben wir als sehr wertschätzend und
gewinnbringend. Wir schätzen insbesondere die hohe Bereitschaft zur
Eigeninitiative und das aktive Einbringen unserer Freiwilligendienstträger in
innovative wie alltägliche Prozesse. Wir sind stolz, dass wir mit unseren
Gremien in den Freiwilligendiensten für die Zentralstellenlandschaft
außergewöhnlich partizipativ agieren.
Die Gremien, insbesondere die Trägerkonferenz wird auch künftig zusammentreten
und die gemeinsamen Anliegen der Trägergruppe beraten und entscheiden. Auch hier
bleibt der Fokus auf die finanzielle Absicherung.
Erneut wurde eine partizipative Anerkennungsaktion zum Ende des Jahrgangs von 1.
Juni bis 30. Juni 2023 in den Sozialen Medien durchgeführt. Unter dem Hashtag
#wertvolljahr konnten Freiwillige, Einsatzstellen-, Träger- und
Zentralstellenvertreter*innen mit einem Social-Media-Generator personalisierte
Beiträge erstellen und posten und damit zum Ausdruck bringen, was den
Freiwilligendienst für sie zu einem Wertvolljahr macht − bzw. warum der*die
Freiwillige wertvoll für sie ist. Das Konzept wurde dabei im Berichtszeitraum im
Rahmen der AG #wertvolljahr überarbeitet und erneuert. Insbesondere die
Abschlussseminare der Freiwilligen im Sommer wurden hierbei als Ort der
pädagogischen Einbettung intensiv berücksichtigt und das Konzept entsprechend
angepasst.
Die Social-Media-Aktion bietet eine niedrigschwellige Möglichkeit, dass
Freiwillige selbst ihren Wert im Dienst sichtbar machen. Wir danken allen
Engagierten, die uns auf diesem Weg in der Lobbyarbeit unterstützen.
Das Referat stand im Berichtszeitraum weiterhin im engen Austausch mit dem
Zuwendungsgeber, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ) insbesondere auch mit Blick auf den Haushalt 2024. Im November 2023
fanden sowohl ein Steuerungsgespräch mit der Referatsleiterin
Jugendfreiwilligendienste des BMFSFJ, Ursula Kopp, in Düsseldorf als auch eine
Videokonferenz zu den Folgen der geplanten Fördermittelkürzungen für unsere
Trägergruppe statt. Im Vordergrund der Austauschrunden standen die aktuellen
Arbeitsschwerpunkte der Zentralstelle und konkrete Aktivitäten zur stärkeren
Adressierung und Integration von jungen Menschen aus dem Benachteiligten-
Spektrum sowie die Frage der Mittelverwendung und der rückläufigen Zahl der
Teilnehmer*innen. Als Trägergruppe wurden wir hier insbesondere für unsere
demokratischen Entscheidungsprozesse und -abläufe gelobt.
Die AG nimmt im Jahr 2024 ihre Arbeit auf und berichtet an die Steuerungsgruppe
sowie die Trägerkonferenz.
Weiterhin besteht eine enge Vernetzung mit den anderen Zentralstellen im FSJ
durch die gemeinsame Arbeit im Bundesarbeitskreis (BAK) FSJ.
Die Kooperation mit dem Deutscher Caritasverband (DCV) als Zentralstelle für den
BFD besteht weiterhin in enger Zusammenarbeit. Im Berichtszeitraum hat die
Trägerkonferenz im Mai 2023 hierzu den einstimmigen Beschluss gefasst, dass es
bei der bisherigen Zentralstellenkonstellation bleibt. Die
Kooperationsvereinbarungen und die Ordnungen der Gremien werden unter
Einbeziehung der Ergebnisse der AG weiterentwickelt und neu gefasst. Der
Beschluss hat Verbindlichkeit für die Zentralstelle und die Träger. Die
Novellierung der Zusammenarbeit wird auf der Basis der Kooperationsvereinbarung
und der Ordnungen überprüft und reflektiert. Für die Weiterentwicklung wird die
neue AG Weiterentwicklung eingesetzt. Aufgrund der Situation um die
Fördermittelkürzungen des Bundes wird der Auftakt dieser AG auf der
Trägerkonferenz im November auf Anfang 2024 vertagt.
Elodie Scholten: